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Viessmann-Deal – so ordnet ihn ein Nürnberger Experte für Familienunternehmen ein

Der bekannte deutsche Heizungsbauer Viessmann verkauft einen großen Teil seines Unternehmens an den US-Konzern Carrier. Moritz Weissman von der Strategie- und Organisationsberatung „Weissman & Cie“ ordnet diesen Schritt und die Konsequenzen in diesem Artikel ein.

In den letzten Tagen wurde in der Presse viel über den Verkauf von Viessmann berichtet. Viessmann, ein über 100 Jahre altes Familienunternehmen, soll nach längeren Verhandlungen den Bereich der Wärmepumpen für 12 Milliarden Euro verkauft haben. „Sowohl der Zeitpunkt, der Kaufpreis, als auch der Ablauf hat sehr viel mediales Interesse hervorgerufen.“, sagt Moritz Weissman. Wenn man den Deal nüchtern betrachte, könne der Zeitpunkt aber nicht besser sein. Die Menge an Geld, für die Viessmann verkaufe sei gigantisch, meint er.

„Einen besseren Deal kann man nicht machen. Der Verkaufspreis ist gigantisch hoch.“

Moritz Weissman
Moritz Weissman

Dass der Kauf für Carrier Sinn macht, sei seiner Meinung ganz eindeutig. „Viessmann ist eine exzellente renommierte Marke, die einen sehr guten Marktzugang hat.“ In dieser Branche laufe der Vertrieb vor allem durch die Handwerker, da Hersteller selbst kaum Kontakt zum Endverbraucher hätten. Damit habe sich Carrier den Marktzugang nach Europa erkauft, den sie nie so schnell hätten aufbauen können und Zeit ist in dem Thema ein kritischer Faktor, ordnet Weissman ein.

Vor allem im Bereich Wärmepumpen sei die Nachfrage momentan gigantisch, nicht zuletzt durch aktuelle politische Entscheidungen wie die sogenannte Wärmewende. Ab 2024 sollen, wenn es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck geht, in Deutschland Öl- und Gasheizungen verboten werden (Stand: 03.05.2023). Das macht Wärmepumpen natürlich noch attraktiver.

Für Moritz Weissman sind bei dem Verkauf an Carrier vier Dimensionen zu betrachten:

  • finanziell, 
  • strategisch,
  • emotional
  • und politisch.

Finanziell lohne sich der Deal seiner Ansicht nach auf jeden Fall. Auch strategisch sei es eine gute Entscheidung. Die vorhandenen Potentiale würden genutzt. „Ein Unternehmen wie Viessmann muss signifikant wachsen, um erfolgreich zu sein.“ Es müsse in großer Stückzahl günstig produzieren können, um Skaleneffekte zu erzielen. Im Sommer 2022 hat Viessmann angekündigt, im Lauf der kommenden drei Jahre 1 Milliarde Euro in den Ausbau von Wärmepumpen zu investieren. Laut Moritz Weissman muss sich das Unternehmen die Frage gestellt haben, woher das Geld dafür kommen kann.

Eine der Optionen ist eine Übernahme: „Um die Marke Viessmann erfolgreiche Zukunft zu tragen, geht es nur mit einem starken Partner und dann am Ende auch eine Übernahme.“ Die Ratio habe dann die emotionale Dimension des Verkaufs überwogen, meint Weissman. Auch die politische Dimension sei nicht zu vernachlässigen. Wärmepumpen seien eine Technologie, die für die Energiewende gebraucht werde. Dafür sei Viessmann aufgrund seiner, im Vergleich zum ausländischen Wettbewerb, geringen Größe nur bedingt wettbewerbsfähig.

Viessmann Produktionshalle in Allendorf

Ein allgemeiner Aspekt bei Familienunternehmen, der für Weissman politisch oft untergehe, sei der Faktor, dass es in Deutschland, gerade im Mittelstand, keinen großen Nachfolger-Markt gebe. „Die Übergeber müssen sich bei den Kindern bewerben, da die Kinder das Leben ihrer Eltern häufig nicht erstrebenswert finden.“ Die Frage, die sich viele stellen, sei auch, warum man den Druck eines Familienunternehmens auf sich nehmen sollte, wenn man auch Geld habe, ohne das Unternehmen weiterzuführen. Ein weiteres Reizthema sei auch die Erbschaftssteuer. „Es ist ein sehr unterschätztes Thema, weil viele Politiker davon ausgehen, dass es immer so weitergeht wie bisher.“

Obwohl Moritz Weissman den Verkauf als eine strategisch gute Entscheidung wahrnimmt, sieht er auch die Nachteile des Deals: „Klar ist, dass es Konsequenzen in Bezug auf die Arbeitsplätze geben wird.“ Es sei nicht kleinzureden, dass es manche Arbeitnehmer hart treffen werde. Unternehmerisch wäre es für ihn aber viel schlimmer, wenn ein Unternehmen schleichend in die Bedeutungslosigkeit versinken würde. Beim „Tod auf Raten“, wie er es nennt, würde zwar niemand mit dem Finger auf die Unternehmer zeigen, so wie es bei Viessmann passieren könnte, aber „dann hast du als Unternehmer viel mehr falsch gemacht.“


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