Impuls

Das sagt NÜRNBERGER-CEO Rosenberger zum Verkauf nach Wien

Ein traditionsreicher Name geht neue Wege: Die Vienna Insurance Group (VIG) übernimmt die NÜRNBERGER Versicherung – ein Milliardendeal, der den regionalen Versicherungsmarkt neu ordnet.

Was bedeutet der Schritt für den Standort Nürnberg, für die Beschäftigten und für die Zukunft des Unternehmens?

Darüber hat Bürobesuch.de mit CEO Harald Rosenberger gesprochen. Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. Andreas Demleitner (PwC) ordnet die Fakten und Hintergründe der Übernahme ein.

Ein Milliarden-Deal mit Signalwirkung

Die Vienna Insurance Group AG Wiener Versicherung Gruppe (VIG) übernimmt die NÜRNBERGER Beteiligungs-AG, die Holdinggesellschaft der Nürnberger Versicherung.

Der Kaufpreis liegt bei 120 Euro je Aktie, was einer Bewertung von rund 1,38 Milliarden Euro entspricht. Laut Spiegel bedeutet das eine Prämie von 173 Prozent auf den Dreimonatsdurchschnittskurs der Aktie – ein außergewöhnlich hoher Wert.

Bereits mehr als 90 Prozent der Anteile seien laut Handelsblatt vor dem offiziellen Start des Übernahmeangebots gesichert – darunter Beteiligungen großer Aktionäre wie Münchener Rück, Versicherungskammer Bayern, Daido Life und Swiss Re. Bis zum 21. November 2025 können verbliebene Anteilseigner ihre Aktien andienen. Anschließend soll die NÜRNBERGER von der Börse genommen werden.

Verlust, Transformation, Verkauf

Der Verkauf ist das Ergebnis eines langen strategischen Prozesses. Nachdem die NÜRNBERGER 2024 einen Verlust von 78,5 Millionen Euro verzeichnet hatte – vor allem durch hohe Schäden in der Kfz- und Gebäudeversicherung – begann das Management im Frühjahr 2025, nach einem Partner zu suchen (laut Unternehmensangaben der NÜRNBERGER Versicherung).

„Nach einem intensiven und sorgfältigen Auswahlprozess sind wir überzeugt, mit der VIG den idealen Partner gefunden zu haben, um unsere Marktposition weiter auszubauen und die Herausforderungen der Branche erfolgreich zu meistern“,

sagt Harald Rosenberger, CEO der NÜRNBERGER Versicherung.

Seit Ende 2023 läuft intern das Programm #FitfürdieZukunft – mit dem Ziel, die Schaden- und Unfallsparte zu sanieren, Prozesse zu verschlanken und die NÜRNBERGER zum Präventionsversicherer weiterzuentwickeln (laut Unternehmensangaben). Über 600 Stellen wurden abgebaut, die Kosten um 20 Prozent gesenkt.

Mit der VIG haben wir einen Partner gefunden, der unsere Werte teilt und uns die Möglichkeit gibt, unsere Transformation zum Präventionsversicherer weiter zu beschleunigen. Die strategische Partnerschaft eröffnet uns neue Perspektiven für nachhaltiges und profitables Wachstum im Sinne all unserer Stakeholder.

so Rosenberger.

Erhalt von Standort und Marke – mit Sicherheitsnetz

Im offiziellen Zusammenschlussvertrag sichert die VIG zu,

  • den Standort Nürnberg langfristig zu erhalten,
  • bestehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nicht anzutasten,
  • und die Marke NÜRNBERGER fortzuführen (laut Unternehmensangaben).

Rosenberger bezeichnet die Zusagen als „starkes Signal für das partnerschaftliche Element des Zusammenschlusses“. Sie gäben Sicherheit für Mitarbeitende und Region, während man zugleich „von den Synergien eines internationalen Konzerns“ profitiere.

Ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird laut Vereinbarung für mindestens drei Jahre ausgeschlossen. Das ermögliche, so Rosenberger, eine eigenständige Weiterentwicklung des Unternehmens.

Ein Schritt im Wandel der Versicherungsbranche

Die Übernahme ist Teil einer Konsolidierungswelle in der Branche. Steigende Kosten, anhaltende Zinsbelastungen und Digitalisierungsdruck zwingen viele Anbieter zu strategischen Partnerschaften.

Auch die NÜRNBERGER hatte laut Spiegel und BR24 unter diesen Bedingungen gelitten: teure Schäden, Investitionsstau in der IT und sinkende Margen.

Rosenberger sagte, man habe aus den Verlusten gelernt und mit konkreten Maßnahmen reagiert – die VIG sei nun der richtige Partner, um diesen Kurs konsequent fortzusetzen.

PwC-Experte: „Eine Konsolidierung mit Augenmaß“

Dr. Andreas Demleitner, Partner und Standortleiter von PwC in Nürnberg, ordnet den Schritt im Gespräch mit Bürobesuch.de als strategisch motivierte Partnerschaft ein – nicht als Notverkauf:

„Die VIG verfolgt eine langfristige Wachstumsstrategie in der DACH-Region und sieht in der NÜRNBERGER eine komplementäre Ergänzung. Die Zusagen zur Standort- und Markenerhaltung sprechen für eine Konsolidierung mit Augenmaß.“

Dr. Andreas Demleitner, Partner und Standortleiter von PwC in Nürnberg

Die Bewertung von 120 Euro pro Aktie sei „überdurchschnittlich, aber strategisch begründet“. Gleichzeitig mahnt Demleitner, Beschäftigte und Stadt müssten mittelfristig auf strukturelle Veränderungen achten – „insbesondere im Zuge der IT-Transformation“.

Synergien mit Reibungspotenzial

Beide Unternehmen sprechen von komplementären Stärken: Die NÜRNBERGER bringt Erfahrung in der Personenversicherung und im Einkommensschutz ein, die VIG Kapital, Internationalität und Skaleneffekte (laut Unternehmensangaben).

Ein Großteil der zugesagten Investitionen fließt in ein IT-Transformationsprojekt, das die Modernisierung der Systemlandschaft und die Einrichtung eines Security Operations Centers umfasst. Rosenberger betont, dies sei die Grundlage, um Innovation und Produktentwicklung künftig schneller voranzutreiben.

PwC-Experte Demleitner sieht in der Kooperation „reale Synergiepotenziale“, warnt aber vor Reibungen „bei kultureller Integration und Führungsstilen“.

Kommunikation und Kultur als Erfolgsfaktoren

Beide Seiten betonen laut Unternehmensangaben die partnerschaftliche Zusammenarbeit und eine gemeinsame Wertebasis.
Rosenberger verweist auf Verlässlichkeit und Klarheit als zentrale Prinzipien, die auch innerhalb der VIG weiter gelten sollen.

Demleitner ergänzt:

„Narrative wie ‚Eigenständigkeit‘ und ‚Transformation‘ müssen mit konkreten Maßnahmen unterfüttert werden. Das größte Risiko liegt in der Diskrepanz zwischen kommunizierten Versprechen und Integrationsrealität.“

Fazit: Zwischen Aufbruch und Bewahrung

Der Verkauf der NÜRNBERGER an die VIG ist ein Schnitt und ein Versprechen zugleich – ein Symbol für wirtschaftliche Realität und den Versuch, regionale Stärke mit internationaler Perspektive zu verbinden.

„Mit der VIG haben wir einen Partner gefunden, der unsere Werte teilt und uns die Möglichkeit gibt, unsere Transformation zum Präventionsversicherer weiter zu beschleunigen.“

Harald Rosenberger

Für die Metropolregion Nürnberg bedeutet der Deal: Ein traditionsreicher Name bleibt – aber die Zukunft des Versicherungsstandorts wird künftig nicht nur in Franken, sondern auch in Wien geschrieben.

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