Was hinter der Milliarden-Initiative steckt – und wie sie in der Metropolregion Nürnberg ankommt
Eine neue Investitionsoffensive will den Wirtschaftsstandort Deutschland aus der Stagnation holen. Über 60 Konzerne sagen Milliarden zu – auch aus der Metropolregion. Doch was bedeutet das für Mittelstand, Start-ups und Innovationen in Franken? Wir haben mit Unternehmern und Entscheidern vor Ort gesprochen.
Ein Bündnis für wirtschaftlichen Aufbruch.
Es war ein symbolträchtiger Moment: Siemens-Chef Roland Busch und Deutsche-Bank-Vorstand Christian Sewing traten in Berlin gemeinsam vor die Kameras, um die Initiative „Made for Germany“ vorzustellen – unterstützt von weiteren 59 Konzernen und großen Investoren.
Über 630 Milliarden Euro sollen in den kommenden Jahren investiert werden, um Deutschland als global wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu stärken. Ein Signal gegen Stillstand, Fachkräftemangel und Bürokratiefrust – so zumindest die Vision der Initiatoren.
Die Bundesregierung begrüßt das Bündnis mit offenen Armen. Kanzler Friedrich Merz sprach von einem „kraftvollen Aufbruchssignal“ und lobte das Zusammenspiel von Wirtschaft und Staat.
Großkonzerne aus der Metropolregion: Mit dabei, aber nicht allein.
Auffällig: Auch vier Unternehmen mit Sitz in der Metropolregion Nürnberg sind unter den Unterstützern gelistet. Siemens, Siemens Healthineers, Schaeffler und Diehl – sie alle tragen die Initiative mit.
Und das macht die Region zu einem relevanten Teil der Story: Hier sitzen Weltkonzerne, Hidden Champions, Uni-Cluster – und ein starker Mittelstand, der auf die Signale aus Berlin genau hinschaut.
Stimmen aus der Region: Zwischen Hoffnung und Forderung
Bürobesuch.de hat mit Entscheidern aus verschiedenen Branchen gesprochen. Das regionale Meinungsbild zur Initiative „Made for Germany“ ist differenziert – aber konstruktiv.
Gerhard Pölz, ASTRUM IT GmbH: „Nicht klar, ob zusätzliche Investitionen für den Mittelstand erfolgen.“

Der Geschäftsführer des Erlanger IT-Dienstleisters sieht die Initiative grundsätzlich positiv:
„Wenn sich 61 führende Unternehmen und Investoren für den Standort Deutschland klar aussprechen, ist das erst mal ein gutes Zeichen.“
Doch zugleich äußert er Skepsis:
„Es ist nicht klar, ob hier zusätzliche Investitionen für den Mittelstand erfolgen, da ausschließlich Konzerne in dieser Runde vertreten waren.“
Sein Wunsch: Dass die in der Region ansässigen Konzerne auch ihre regionalen, mittelständischen Lieferanten berücksichtigen.
Markus Zwingel, Fürst Gruppe: „Ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland“

Der CDO des Nürnberger Dienstleistungsunternehmens sieht in der Initiative einen wichtigen Impuls:
„In einer Zeit, in der viele Länder um Fachkräfte und Kapital konkurrieren, braucht es genau solche Impulse.“
Doch er mahnt zur Umsetzung:
„Ein gutes Marketing allein reicht nicht. Entscheidend ist, dass die versprochenen Rahmenbedingungen auch konsequent umgesetzt werden.“
Für die Region sieht er klare Chancen:
„Starke, mittelständisch geprägte Regionen wie unsere können davon profitieren – wenn es gelingt, neue Talente, Investoren und Innovationen zu mobilisieren.“
Johannes von Hebel, Sparkasse Erlangen: „Wichtiges Signal für mehr Optimismus und Zuversicht.“

Der Vorstandsvorsitzende der Stadt- und Kreissparkasse zeigt sich grundsätzlich optimistisch:
„Gerade in Zeiten, in denen sehr viel über Herausforderungen gesprochen wird, tut es gut, wenn Unternehmen gemeinsam zeigen: Wir investieren, wir glauben an diesen Standort.“
Wichtig sei aber die Wirkung vor Ort:
„Jeder investierte Euro in Digitalisierung, Bildung, Infrastruktur oder Innovation wird früher oder später auch als Auftrag, Chance oder Partnerschaft im Mittelstand und bei Start-ups ankommen – gerade an einem starken Standort wie Erlangen und Umgebung.“
Sven Sontowski, Sontowski & Partner: „Die Region bietet ideale Voraussetzungen, um von der Initiative zu profitieren.“

Der Immobilienunternehmer begrüßt die Initiative als Ermutigung – vor allem für investitionsgetriebene Branchen wie seine:
„Für die Immobilienbranche kann das im Idealfall mehr Standortchancen und Rückenwind bedeuten.“
Seine Forderung: weniger Bürokratie und verlässliche Rahmenbedingungen:
„Ohne echten Bürokratieabbau und verlässliche Rahmenbedingungen laufen Investitionszusagen ins Leere, gerade bei Großprojekten mit langen Genehmigungswegen.“
Oliver Brehm, PETER BREHM GmbH: „Made IN Germany wäre passender.“

Der Geschäftsführer des Medizintechnikunternehmens aus Weisendorf sieht die Initiative grundsätzlich positiv, bringt aber eine provokante Perspektive ein:
„‚Made for Germany‘ klingt nach reiner PR für internationale Investoren. Es müsste heißen: ‚Made in Germany‘ – mit Innovation, Wertschöpfung und Beschäftigung im Land.“
Er sieht es kritisch, dass vor allem Großkonzerne eingeladen waren:
„99,3 % der Unternehmen in Deutschland sind KMU. Warum wurden sie nicht eingeladen?“
Außerdem fehlt es ihm an Verbindlichkeit und echten, sichtbaren Handlungen aus der Politik. Er fordert konkrete Entlastungen, z. B. bei Bürokratie und Energiekosten.
Dr. Armin Zitzmann, IHK-Präsident „Investitionen entstehen dort, wo Vertrauen herrscht.“

Der Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken bringt die Haltung der Wirtschaftskammer auf den Punkt:
„Die Initiative kann ein starkes Signal sein – wenn sie nicht nur Image, sondern auch echte Standortpolitik bedeutet. (…) Für eine Region wie Mittelfranken, in der der Mittelstand das wirtschaftliche Rückgrat bildet, wäre das ein wichtiges Signal.“
Kernforderungen der IHK: weniger Bürokratie, stabile Energiepreise, Digitalisierung – und eine konsequente Umsetzung politischer Zusagen.
Vom Reden ins Machen: Wird „Made for Germany“ in unserer Region spürbar?
„Made for Germany“ ist ein starkes Signal für Investitionsbereitschaft und Zukunftsglauben – und für die Metropolregion Nürnberg eine Chance, sich als relevanter Teil dieser Erzählung zu positionieren. Mit Siemens, Siemens Healthineers, Schaeffler und Diehl waren gleich vier Unternehmen aus der Region Teil der Gründungsrunde – ein sichtbares Zeichen für die Bedeutung Frankens im nationalen Standortdiskurs.
Viele lokale Akteure hoffen nun, dass diese Investitionen auch in regionale Projekte, Wertschöpfungsketten und Fachkräftestrategien münden. „Wenn es gelingt, neue Unternehmen oder Investoren auf Deutschland aufmerksam zu machen, dann profitieren auch starke mittelständisch geprägte Regionen wie unsere“, betont etwa Markus Zwingel von der Fürst Gruppe.
Doch die Gespräche mit Unternehmern und Entscheidern zeigen auch: Die Initiative wird nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn den Ankündigungen spürbare politische Reformen folgen. Weniger Bürokratie, schnellere Planungsverfahren und Unterstützung für den Mittelstand – das sind die Erwartungen, die aus der Region zurück nach Berlin gesendet werden.